Vandalismus, Einbruch, Diebstahl: Zum Schutz setzen Firmen und vermehrt auch Privatpersonen auf Videoüberwachung. Nicht zuletzt, weil es durch digitale Technik wie IP-Kameras zunehmend preiswerter, einfacher und damit attraktiver wird.
Allerdings müssen Sie bei dieser Form der Überwachung auch einiges beachten. Was genau, erfahren Sie hier.
Überwachung: Ihr Blick in die Gesetzbücher
Wenn Sie die Überwachung Ihres Grundstücks oder Eigentums planen, dann ist ein Blick in die Gesetzbücher vielleicht ermüdend und verwirrend, aber notwendig. Denn die eine, allein gültige Regel gibt es nicht. Da gibt es das Grundgesetz, die Europäische Datenschutzrichtlinie, die am 25. Mai 2018 von der DSGVO abgelöst wird, Bundes- und Länderdatenschutzgesetze, das Arbeitsrecht sowie das Betriebsverfassungsgesetz. Dennoch enthält der §6b Bundesdatenschutzgesetz die grundlegendsten und wohl wichtigsten Informationen in Bezug auf Ihr Filmrecht.
Die Überwachung durch Behörden einmal beiseitegelassen, werden im Bundesdatenschutzgesetz zwei Gründe angegeben, durch die eine Überwachung per Kamera Ihrerseits überhaupt erst zulässig wird: zur Wahrnehmung des Hausrechts und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Sie wollen eine sinnvolle und komprimierte Übersetzung, was Sie beim Thema Videoüberwachung zu tun und zu lassen haben? Dann lesen Sie weiter.
Lesen Sie in unserem Blog, wie sich mit einem Urteil der Blick auf Videoüberwachung geändert hat.
Der Konflikt: Hausrecht vs. Persönlichkeitsrecht
Wahrnehmung des Hausrechts heißt erst einmal, dass Sie auf Ihrem Privatgelände grundsätzlich filmen dürfen – wohlgemerkt nur dort. Was die Wahrnehmung berechtigter Interessen bedeutet, ist da schon schwieriger zu beantworten. Vielleicht haben Sie ein Interesse daran, das Verhalten Ihrer Kunden zu filmen, im Anschluss zu analysieren, um darauf hin ihre Marketingstrategie zu verbessern.
Das fällt allerdings nicht unter berechtigte Interessen – zumindest nicht rechtlich. Was hingegen außer Frage steht: Das Veröffentlichen des Videomaterials Ihrer Überwachungskamera ist verboten, außer die gefilmten Personen haben dem ausdrücklich zugestimmt.
Was bedeutet berechtigte Interessen?
Der Schutz Ihres Eigentum ist ein berechtigtes Interesse und erlaubt daher auch die Überwachung beispielsweise von Reisebussen, Tankstellen, Parkplätzen oder Verkaufsflächen. Das Aufdecken von Sachbeschädigungen oder Ladendiebstahl sind berechtigte Interessen. Eingangsbereiche befinden sich jedoch meist auf öffentlichen Grund und dürfen eigentlich nicht gefilmt werden – außer Sie können genau diese „berechtigten Interessen für konkret festgelegte Zwecke“ im Zweifelsfall nachweisen.
Dann ist es möglich, den Überwachungsradius Ihrer Kamera ein wenig zu erweitern, aber nicht mehr als maximal einen Meter über Ihre Grundstücksgrenze hinaus (Az. 16 C 427/02). Allerdings gibt es auch Orte, an denen eine Überwachung generell verboten ist. Dazu zählen grundsätzlich der Arbeitsplatz, sanitäre Anlagen wie Toiletten, Duschen, Innenbereiche von Umkleiden etc.
Persönlichkeitsrechte
Was die gesetzeskonforme Überwachung per Videokamera extrem beeinflusst, sind jedoch Persönlichkeitsrechte, vor allem zwei: das Recht am eigenen Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Letzteres drückt aus, dass jeder Mensch selbst bestimmen kann, wann und in welchem Maße er persönliche Informationen (da reicht schon der Standort) preisgeben möchte. Im Härtefall wiegen die Persönlichkeitsrechte aber auch Datenschutzrechte immer schwerer als Ihr Hausrecht, „Filmrecht“ oder die Gebäudesicherheit.
Mitarbeiterrechte
Eine konsequente Überwachung Ihrer Mitarbeiter entbehrt jeder Rechtsgrundlage. Dennoch gibt es Fälle, in denen Ihre Mitarbeiter quasi mitgefilmt werden. Der Konflikt: die Persönlichkeitsrechte Ihrer Mitarbeiter vs. Ihrem Eigentums- bzw. Hausrecht. Sie müssen in diesem Sinne Ihre Mitarbeiter darüber informieren, wenn und wo sie Kameras installieren sowie welche Bereiche zu welchem Zeitpunkt aufgenommen werden.
Beispielsweise im Kassenbereich wird es nicht zu verhindern sein, dass auch Mitarbeiter auf der Videoaufnahme Ihrer Überwachungskamera erscheinen. In diesen Fällen ist die Zustimmung Ihrer Mitarbeiter notwendig, wenn nicht sogar das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gefragt. Auch der Datenschutzbeauftrage Ihres Unternehmens hat da ein Wörtchen mitzureden.
Ausnahme: Nur in expliziten Verdachtsmomenten, beispielsweise dass ein Mitarbeiter strafbar handelt, dürfen Sie diese betreffende Person videoüberwachen – allerdings für einen sehr eng gefassten Zeitraum und auch nur, wenn Sie keinerlei Beweise auf anderen Wegen zusammentragen können. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt mehrfach in verschiedenen Urteilen betont.
Attrappen
Eine Attrappe reicht Ihnen schon? Dann weisen Sie trotzdem mit einem Hinweisschild (siehe Kenntlichmachung) auf die vermeintliche Überwachungskamera hin – um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Einige Gerichte haben in diesen Fällen nämlich schon so argumentiert: Die Attrappe erzeugt wie eine echte Kamera einen sogenannten Überwachungsdruck. Außerdem soll ja auch keiner wissen, dass es sich eigentlich um keine funktionsfähige Kamera handelt.
Audioüberwachung
Die meisten Kameras zur Überwachung zeichnen mittlerweile auch Ton auf. Das ist häufig der Fall bei IP-Kameras. Schalten Sie den Ton vorsichtshalber aus. Denn wie bei Videoaufnahmen das Recht am eigenen Bild berücksichtigt werden muss, gilt auch bei Audioaufnahmen das Recht am gesprochenen Wort (BVerfGE 34).
Rechtskonforme Überwachung: Ihre Checkliste
Eins vorweg: Es ist unerheblich, ob Sie die Aufnahmen zur Überwachung speichern oder nur den Moment der Aufnahme auf einem Monitor abspielen. Das Bundesdatenschutzgesetz gilt.
Daher ist es ratsam, wenn der Datenschutzbeauftragte Ihres Unternehmens eine sogenannten Vorabkontrolle durchführt, bevor Ihre Videoüberwachung scharf gestellt wird. Was Sie außerdem noch beachten müssen, damit Ihre Überwachung rechtskonform ist? Hier kommt Ihre Checkliste:
- Kenntlichmachung durch Hinweisschilder
- Technische Aspekte bedenken: Bei IP-Kameras für Netzwerksicherheit sorgen und Audiofunktion ausschalten
- Blickwinkel: Ausrichtung der Kamera überprüfen
- Löschfristen für Videoaufnahmen einhalten
- Landesgesetze beachten: Jedes Bundesland hat sein eigenes Datenschutzgesetz
- Mitarbeiter schulen, die mit der Videoüberwachung beauftragt sind
- Beweismaterial: Dafür sorgen, dass die Aufnahmen im Zweifelsfall vor Gericht zugelassen werden
- Rechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten bedenken
Kenntlichmachung
Bringen Sie Hinweisschilder oder Aufkleber gut sichtbar an. Und bedenken Sie: Diese müssen an allen Zugängen zu Ihrem Grundstück oder Eigentum und noch vor dem Betreten der überwachten Fläche zu erkennen sein. Konkret heißt das: Der Hinweise muss so gestaltet und positioniert sein, dass eine Person rechtzeitig erkennen kann, dass sie sich auf einen videoüberwachten Bereich zubewegt.
Sinnvoll ist es neben Kamerasymbol noch die Kontaktdaten der für die Überwachung verantwortlichen Firma zu nennen, beispielsweise „Dieser Bereich wird videoüberwacht. XY GmbH und Telefonnummer. Sie wollen es perfekt machen? Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen stellt ein Infoblatt zum Download bereit, wie ein Hinweisschild nach DIN 33450 (PDF) aussieht und wo genau es anzubringen ist.
Technische Aspekte
Damit Ihnen keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, sollten Sie bei IP-Kameras auf den Übertragungsweg der Videoaufnahmen achten. Gehen Sie sicher, das beispielsweise die WLAN-Verbindung zumindest soweit abgesichert ist, dass schon ein gezielter Angriff erfolgen muss, um die Bilddaten abzufangen.
Das ist auch für die Sicherheit Ihres Eigentums wichtig. Denn Videoaufnahmen Ihrer Überwachungskamera können den falschen Personen sogar dabei helfen, einen Einbruch vorzubereiten.
Blickwinkel
Überprüfen Sie selbst die Ausrichtung Ihrer Überwachungskamera. Fängt die Linse wirklich nur Ihr Eigentum ein? Ihr Hausrecht endet laut Gesetz schließlich an der Grundstücksgrenze Ihres Privatgeländes. Das ist besonders bei schwenkbaren Kameras zu überprüfen.
Wenn das Blickfeld der Kamera größer ist, können jedoch sogenannte Privacy Zones Abhilfe schaffen. Sie überdecken im Bild markierte Bereiche, machen sie durch eine schwarze Fläche unkenntlich und somit nicht mehr sichtbar.
Löschfristen
Wenn der Zweck der Überwachung erfüllt ist (etwaige Beweismittel zur Aufklärung von Einbruch, Diebstahl, Vandalismus, etc.), sind die Videoaufnahmen „unverzüglich“ zu löschen. Das ist meistens schon nach 24 Stunden der Fall – wenn Sie Ihr Firmengebäude, Ihre Geschäftsräume oder Ihren Dienstwagen am nächsten Tag unversehrt vorfinden.
Achten Sie deshalb darauf, die Videoaufnahmen regelmäßig zu löschen. Oder verwenden Sie gleich eine Videoüberwachungstechnik, die in einer Schleife aufzeichnet und das Bildmaterial nach ein oder zwei Tagen automatisch mit aktuellen Videobildern überspielt.
Da per Gesetz meist keine konkreten Löschfristen genannt werden, können die Videoaufnahmen sicherlich auch länger gespeichert werden. Die Videodateien der Überwachung jedoch länger als vier bis sechs Monate aufzubewahren, sehen Rechtsexperten datenschutzrechtlich kritisch.
Landesgesetze
Wie lange Aufzeichnungen gespeichert werden dürfen, variiert von Bundesland zu Bundesland . Generell müssen die Aufzeichnungen so früh wie möglich gelöscht werden (siehe Löschfristen). Einige Bundesländer geben jedoch auch konkrete Löschfristen vor, wie beispielsweise Schleswig-Holstein mit sieben Tagen (Landesdatenschutzgesetz § 20 Abs. 2).
Setzen Sie sich also vor der Installation der Überwachungskamera mit den jeweiligen datenschutzrechtlichen Regelungen Ihres Bundeslandes auseinander. Eine Liste mit Kontaktdaten zur jeweiligen Aufsichtsbehörde für den Landesdatenschutz stellt der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg im Netz zur Verfügung.
Mitarbeiter schulen
Sie beauftragen Mitarbeiter mit der Überwachung des Firmeneigentums? Dann sollten Sie darauf achten, dass die Kollegen hinsichtlich Datenschutz geschult sind. Außerdem sollten diese Mitarbeiter konkrete Vorgaben bekommen, wie und unter welchen Umständen die Videoüberwachung erlaubt ist.
Es muss nicht gleich eine Schulung sein, aber eine Handlungsanweisung ist in diesem Fall das Minimum, um genau festzulegen, welche Bereiche wie überwacht werden dürfen und wie mit den Videoaufnahmen umgegangen werden muss.
Beweismaterial sammeln
Sie wollen die Videoaufnahmen als Beweismittel nutzen? Dann müssen Sie darauf achten, dass Sie oben genannten Punkte zur Überwachung erfüllt haben. Im Zweifelsfall bewerten die Gerichte die Aufnahmen als Beweismittel als unzulässig.
Rechtliche Konsequenzen
Führen Sie sich die rechtlichen Konsequenzen vor Augen, wenn Ihre Überwachung per Video nicht rechtskonform ist. Je nach dem, welchen Punkt Sie nicht richtig abgeklärt haben, reichen die juristischen Auseinandersetzungen von Unterlassungs- und Schadensersatzklagen über Schmerzensgeldforderung bis hin zu Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren, wenn Sie beispielsweise den sogenannten höchstpersönlichen Lebensbereich Ihrer Mitarbeiter, Kunden, Gäste, Besucher oder Nachbarn durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) verletzt haben.
Kritik an Videoüberwachung
Natürlich gibt es aus Kritik an der Überwachung per Video. Sie bringe wenig und sei kontraproduktiv. Diesen Standpunkt vertritt Dr. Thilo Weichert, Jurist und von 2004 bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Bundeslandes Schleswig-Holsteins. Die zwei für diesen Artikel relevante Argumente des Hardliners:
- Eine vollständige technische Überwachung ist nicht möglich. Straftäter weichen auf unbeobachtete Bereiche aus.
- Aufgrund der einfachen Manipulierbarkeit digitaler Videoaufnahmen ist der Beweiswert fragwürdig.
Überwachung: Markt für IP-Kameras boomt
2016 sind laut Bundesverband Sicherheitstechnik (BHE) in Deutschland mehr als 3,9 Milliarden Euro für Sicherheitstechnik ausgegeben worden. Vor allem die Videoüberwachung hat zugelegt, nicht zu letzt aufgrund der All-IP-Umstellung. Die Vorteile digitaler Kameras: eine hohe Bildqualität, die Bilder werden über das Netzwerk übertragen, ermöglichen dadurch den Fernzugriff auf die Geräte und die Weiterverarbeitung der Daten via Software sowie Integrationsmöglichkeiten inklusive Zutrittskontrollsysteme und Alarmanlagen sind problemlos möglich.
Sie erachten die Überwachung per Video als sinnvoll für die Sicherheit Ihres Unternehmens. Das IT-SERVICE.NETWORK unterstützt Sie bei der Umsetzung. Unsere IT-Dienstleister beraten Sie, kümmern sich um die technische Umsetzung und haben für Sie die rechtliche Lage im Blick.
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