Über das Start-up Synaos spricht das ganze Land. Ihr Kernprodukt ist eine Industriesoftware, die das Zusammenspiel von Produktion, Lager und Warenausgang automatisch orchestriert. Sie ist noch nicht auf dem Markt, lockt aber schon Konzerne wie VW an.
Was hinter der Geschäftsidee steckt und warum Synaos damit Vorreiter in Sachen KI ist, erfahren Sie hier.
Synaos – die Einfachheit des Chaos
Zugegeben: Für den Laien ist es nicht ganz einfach, die Idee hinter Synaos zu verstehen. Das junge Start-up aus Hannover setzt daher selbst auf eine Metapher. Auf der Webseite heißt es: „Genauso wie ein Orchester einen Dirigenten braucht, benötigt die Fabrik und das Logistikzentrum der Zukunft einen zentralen Taktgeber. Heutige IT-Systeme bieten dafür keine Lösung. Das Start-up SYNAOS entwickelt daher ein umfassendes Ökosystem – und nutzt neueste Ansätze des Cloudcomputings und der Künstlichen Intelligenz.“
Oder anders ausgedrückt: Durch intelligente Synchronisation der verschiedenen Strukturen soll das Zusammenspiel von Fertigung und Logistik auch bei steigender Komplexität mühelos beherrscht werden. Den Schlüssel dazu bilden Künstliche Intelligenz und die Cloud.
Hinter Synaos stecken die jungen Ingenieure Wolfgang Hackenberg, Lennart Bochmann und Tobias Gagern – und neuerdings auch Swoodoo-Gründer Lars Jankowfsky, der den Beirat des Unternehmens verstärkt.
Optimierung intralogistischer Prozesse mit KI
Ihr Ansatz stößt schon weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus auf großes Interesse – und das sogar, obwohl das Unternehmen noch kein Jahr alt und die Lösung alles andere als fertig ist. Konzerne wie Volkswagen haben aber schon jetzt bestätigt, die Synaos-Software künftig einzusetzen. Im neuen E-Auto-Werk in Zwickau soll der Algorithmus als erstes die Intralogistik organisieren.
Das bedeutet in der Praxis: Die Software steuert die unbemannten Flurförderfahrzeuge in der Produktion und gewährleistet, dass sich jedes einzelne Teil zur korrekten Zeit am korrekten Ort befindet. Der Clou: Dafür werden so wenig Fahrzeuge wie nur möglich eingesetzt und sichergestellt, dass es nur zu minimalsten Verzögerungen kommt. Und Verzögerungen sind bekanntermaßen genau das, was niemand will, der einen Produktionsbetrieb sein Eigen nennt. Denn Fakt ist: Verzögerungen kosten bares Geld, auch wenn sie noch so klein sind.
Anders als die anderen – der alternative Ansatz von Synaos
Damit das auch funktioniert, ist eine ganze Menge künstlicher Gehirnschmalz nötig. Im Gegensatz zu üblicher Industriesoftware arbeitet Synaos nämlich nicht nach vorab definierten Regeln, sondern setzt stattdessen auf Machine-Learning. Das bedeutet, dass der dem System zugrunde liegende Algorithmus stetig nach neuen Möglichkeiten sucht, um den Ablauf weiter zu optimieren.
Gründer Tobias Gagern bezeichnet das als „endlose Rechnung“ und fügt hinzu: „Je besser die Algorithmen aufgebaut sind, desto schneller kommt man zu einem guten Ergebnis.“ Problematisch gestaltet sich die Vision nach einer permanenten Optimierung noch dadurch, dass das Regel-Konzept heute in der Praxis noch Dreh- und Angelpunkt ist, wenn neue Transportaufträge eingehen, die verteilt werden müssen.
Wenn sich aber die Rahmenbedingungen ändern, kann sich gegebenenfalls auch die Route eines Fahrzeugs ändern, das bereits unterwegs ist. Die Berechnung erfolgt aber in Echtzeit und automatisch für alle Transportfahrzeuge innerhalb einer Fabrik – auch wenn es Hunderte sind.
Erfolg programmiert?
Wie sich der geneigte Leser vielleicht schon denken mag, haben die Gründer ordentlich etwas auf dem Kasten. Und wenig überraschend auch den entsprechenden Hintergrund, der gleichzeitig erklärt, wieso ein Konzern wie VW den neuen Ansätzen eines Start-ups vertraut. Die Gründer Bochmann und Hackenberg lernten sich als Angestellte bei VW kennen. Bochmann schrieb damals seine Doktorarbeit über Prozessoptimierung, Hackenberg leitete das Smart-Production-Labor. Gagern als Dritter im Bunde war ebenfalls bei VW tätig, erst als Master-Student, dann als Doktorand.
Im September 2018 wagten sie gemeinsam den Schritt in die Selbstständigkeit. Nur kurze Zeit später flatterte schon das erste Übernahmeangebot aus den USA ins Haus, das die Gründer allerdings ablehnten. Stattdessen fanden sie selbst Investoren und sammelten innerhalb kurzer Zeit zig Millionen Euro.
Im November 2019 soll es nun soweit sein, dass die erste Software-Version nach Zwickau ausgeliefert wird. Funktioniert dann alles so wie gedacht, will das Team auch andere Bereiche der Fertigung revolutionieren. Transportfahrzeuge sind schließlich nur ein kleiner Teil des großen Ganzen. Weitere Lösungen für Fließbänder, Maschinen oder auch den Menschen sind geplant. So oder so: Man wird bestimmt noch so einiges aus Hannover hören.
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