Seit diesem Monat gelten eine neue EU-Richtlinie und das Nachweisgesetz für neue Arbeitsverträge. Selbst schon unterschriebene Verträge müssen in bestimmten Fällen geändert werden.
Welche Bestandteile ab sofort Pflicht in neuen Arbeitsverträgen sind und in welchen Fällen Unternehmen jetzt sofort aktiv werden müssen, verraten wir jetzt.
Neue Arbeitsverträge gemäß EU-Richtlinie ab 1. August 2022
Neue Arbeitsverträge müssen ab sofort deutlich mehr Informationen enthalten als zuvor. Grund ist eine neue EU-Richtlinie, die den Informationsgehalt und die Transparenz verstärkt in den Fokus rückt.
Hier greift ab sofort das so genannte Nachweisgesetz (kurz: NachwG), das in erster Instanz dafür sorgen soll, dass Angestellte besser geschützt und informiert sind. Im Klartext bedeutet dass, dass neue Arbeitsverträge ab sofort bestimmte Informationen zwingend enthalten müssen. Viele davon sind in deutschen Arbeitsverträgen seit Jahre sowieso schon standardmäßig enthalten, aber eben nicht alle.
Zum Thema gibt es jeweils eine gute und eine nicht ganz so gute Nachricht. Die gute Nachricht zuerst: Arbeitgeber müssen bereits bestehende Arbeitsverträge mit (langjährigen) Mitarbeitern nicht ändern. Aber: Es gibt zwei Ausnahmen. Bestehende Arbeitsverträge, die zwar vor dem 1. August 2022 geschlossen wurden, bei denen aber das Eintrittsdatum des Arbeitnehmers ab dem 1. August 2022 ist, müssen angepasst werden. Auch gilt die neue Informationspflicht über die wesentlichen Vertragsbestandteile, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber dazu auffordert.
NachwG: Erweiterte Auskunftspflicht in neuen Arbeitsverträgen
Die neue EU-Richtlinie mit dem klangvollen Titel 2019/1152 bestimmt, dass ab sofort die folgenden Punkte zwingend in allen Arbeitsverträgen festgehalten werden müssen, die ab dem 01. August 2022 geschlossen werden bzw. in Kraft treten
- Detaillierte Zusammensetzung des Arbeitsentgelts. Einschließlich der Vergütung von Überstunden, Zuschläge, Sonderzahlungen und Prämien. Ferner sind konkrete Angaben zur Fälligkeit und Art der Auszahlung zu machen.
- Arbeitszeit inklusive Pausen und Ruhezeiten. Speziell für Unternehmen in Schichtbetrieben gilt nun auf eine Informationspflicht über den Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Änderungen im Schichtsystem.
- Information über einen Anspruch auf Fortbildungen
- Informationen über den Versorgungsträger (Name, Anschrift) für die betriebliche Altersvorsorge
- Erweiterte Informationen zum Kündigungsverfahren inklusive Hinweis über die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer
Darüber hinaus müssen neue Arbeitsverträge auch Informationen über die Dauer der Probezeit und die Möglichkeit sowie Anordnung von Überstunden enthalten. Dies ist in deutschen Arbeitsverträgen allerdings schon seit langem Standard.
Pflichtangaben in Arbeitsverträgen
Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es nur wenig Unternehmen, das die bisherigen Pflichtangaben in Arbeitsverträgen nicht vollständig umgesetzt haben. Aber hätten Sie gewusst, dass ungefähr zehn Prozent aller Angestellten in Deutschland gar keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben?
Aus diesen und anderen Gründen daher hier eine kleine Gedächtnisauffrischung. Ergänzend zu den Neuerungen durch die EU-Richtlinie und das NachwG müssen Arbeitsverträge auch immer die folgenden Informationen zwingend enthalten:
- Name und Anschrift des Arbeitgebers und Arbeitnehmers
- Beginn des Arbeitsverhältnisses und Dauer bei Befristung
- Arbeitsort
- Beschreibung der Tätigkeit und Bezeichnung des Stellenprofils
- Vereinbarte Arbeitszeit
- Höhe des Entgelts
- Urlaubsanspruch
- Kündigungsfristen beider Parteien
Bedenken Sie sowohl bei Neuverträgen als auch bei Zusatzvereinbarungen immer, jeweils ein Exemplar in der Personalakte abzulegen und ein Exemplar dem Mitarbeiter auszuhändigen.
EU-Richtlinie für neue Arbeitsverträge umsetzen
Wie bereits erwähnt müssen Unternehmen, die bereits Mitarbeiter eingestellt haben, deren Eintrittsdatum nach dem 31. Juli 2022 liegt, nun aktiv werden. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, wobei eine davon (Kündigung des alten und Aufsetzen eines neuen Vertrages) nicht empfehlenswert ist. Einfacher und schneller geht es mit einem Informationsschreiben über die wesentlichen Vertragsbedingungen gem. § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz . Tipp: Viele Berufsverbände oder IHKs bieten entsprechende Vorlagen zum kostenlosen Download an.
Wichtig in Fällen, bei denen bestehende Arbeitnehmer die Informationen aufgrund der neuen Richtlinie einfordern: Das Schreiben muss spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden.
Wenn Sie im Einzelfall unsicher über die korrekte Vorgehensweise sind, wenden Sie sich an Ihren Verband, die IHK oder Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Stolpersteine beim neuen Nachweisgesetz
Wer jetzt glaubt, die Anpassungen für neue Arbeitsverträge halten sich in Grenzen, hat nicht unrecht. Allerdings kann der Teufel auch hier im Detail stecken, denn bei der neuen EU-Richtlinie geht es nicht nur um geduldiges Papier, sondern wie eingangs erwähnt vor allem um den Schutz der Arbeitnehmer.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Probezeit. Bisheriger Standard war, dass man bei Auszubildenden eine Probezeit von maximal vier Monaten und bei regulären Angestellten eine Probezeit von maximal sechs Monaten vereinbaren kann. Damit ist jetzt unter bestimmten Voraussetzungen Schluss. Stellt ein Unternehmen zum Beispiel einen neuen Mitarbeiter für eine Vertretung von neun Monaten befristet ein, ist eine Probezeit von sechs Monaten „unverhältnismäßig“. Es gilt: Die Probezeit darf nur noch so lang sein, wie beide Parteien benötigen, um herauszufinden, ob es auf beiden Seiten passt.
Auch das Thema Gehaltsbestandteile kann es in sich haben. Ab sofort gilt, dass der Arbeitgeber im Detail nachweisen muss, wie sich das Gehalt zusammensetzt und auch, welche Rechtsgrundlagen hierbei gelten. Für Unternehmen mit Betriebsvereinbarungen, Schichtzuschlägen und Tarifverträgen, kann das eine Herausforderung darstellen.
Smartes Personalmanagement mit vereinfachten Prozessen
Zu guter Letzt sei angemerkt, dass die von der EU vorgegebene Schriftform einmal wieder dem Wunsch nach mehr Digitalisierung entgegensteht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine Digitalisierung des Personalmanagements als solches jede Menge Zeit und Aufwand erspart.
Um nicht irgendwann im Papierchaos unterzugehen und gleichzeitig schnell alle wichtigen Daten einsehen zu können, empfiehlt sich der Umstieg auf die digitale Personalakte. Hier lassen sich alle Arbeitsverträge, Zusatzvereinbarungen und sonstigen Dokumente transparent, schnell und sicher ablegen.
Unsere Experten aus dem IT-SERVICE.NETWORK beraten Sie gerne zu diesem Thema.
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