IT-Infrastruktur

Neue Produkthaftungsrichtlinie in Kraft

Wie Unternehmen von der überarbeiteten Richtlinie profitieren

von 08.01.2025
Zu sehen sind ein Mann und eine Frau mit Laptops. Vielleicht informieren sie sich über die neue Produkthaftungsrichtlinie. Bild: Pexels/Mikhail Nilov
Ohne funktionierende technische Ausstattung geht in vielen Unternehmen nichts mehr. Die neue Produkthaftungsrichtlinie soll für eine höhere Zuverlässigkeit sorgen. Bild: Pexels/Mikhail Nilov

Die neue Produkthaftungsrichtlinie modernisiert die Haftung für Hard- und Software und stärkt Verbraucherrechte in der digitalen Welt. Auch Unternehmen profitieren von der überarbeiteten Richtlinie.

Wir erklären, welche Neuerungen die Richtlinie mit sich bringt und welche Auswirkungen sie auf Unternehmen hat.

Wenn Software versagt: ein Unternehmensrisiko

Für zahlreiche Unternehmensprozesse ist der Einsatz von Hardware und Software heutzutage unverzichtbar. Denn Tatsache ist: Ob Buchhaltung, Produktionsplanung oder Kundenkommunikation – digitale Systeme bilden das Rückgrat einer Vielzahl geschäftlicher Abläufe. Die Abhängigkeit von einer reibungslos funktionierenden IT-Infrastruktur ist dabei in vielen Unternehmen derart groß, dass schon kleinste Störungen erhebliche Folgen nach sich ziehen können.

Der Crowdstrike-Vorfall vom 19. Juli 2024 kann hier als mahnendes Beispiel dienen. Damals legte ein fehlerhaftes Update der Sicherheitssoftware weltweit Millionen von Windows-Systemen lahm. Unternehmen aus verschiedenen Branchen – darunter Fluggesellschaften, Banken und Krankenhäuser – waren betroffen. Produktionsstillstände, Flugausfälle und Beeinträchtigungen kritischer Dienstleistungen waren im Zuge dieses spezifischen Vorfalls zu verzeichnen – und damit einhergehend auch nicht unerhebliche finanzielle Verluste. Bei vielen betroffenen Einrichtungen stellte sich die Frage: An wem bleiben diese Kosten hängen?

Ereignisse wie dieses zeigen nicht nur die Bedeutung zuverlässiger IT-Systeme auf; sie unterstreichen auch die Notwendigkeit klarer Haftungsregelungen für Softwarefehler. Die EU hat sich dem Problem fehlerhafter Produkte bereits vor einiger Zeit angenommen. Mit der überarbeiteten Produkthaftungsrichtlinie wird nun erstmals auch Software einbezogen, um anwendende Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen zu schützen.

Zu sehen sind Hände, die auf einer Laptop-Tastatur tippen. Für Hardware und Software gelten nun neue Produkthaftungsrichtlinien. Bild: Pexels/fauxels

Viele Tätigkeiten in Unternehmen lassen sich ohne zuverlässige Hardware und Software nicht erledigen. Bild: Pexels/fauxels

Was ist die neue Produkthaftungsrichtlinie?

Die neue Produkthaftungsrichtlinie der EU ersetzt die seit 1985 geltende Vorgängerregelung und bringt das Produkthaftungsrecht auf den neuesten Stand. Sie berücksichtigt erstmals digitale Produkte wie Software und Hardware sowie damit verbundene Dienste, die essenziell für moderne Geschäftsabläufe sind. Ziel der Richtlinie ist es, Verbrauchern besseren Schutz vor fehlerhaften Produkten zu bieten und gleichzeitig Unternehmen, die digitale Produkte einsetzen und auf deren Funktion angewiesen sind, klare Haftungsregeln an die Hand zu geben und dadurch mehr Sicherheit zu bieten. Somit reagiert die EU mit der Richtlinie auf die Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung.

Eine der zentralen Neuerungen ist die Einbeziehung von Software, auch in Form von Cloud-Diensten oder integrierten Anwendungen. Hersteller müssen künftig gewährleisten, dass ihre Produkte über den gesamten Lebenszyklus hinweg sicher und funktionstüchtig bleiben. Dazu gehören die Bereitstellung regelmäßiger Sicherheitsupdates und die Einhaltung moderner Cybersicherheitsstandards.

Die Richtlinie ist am 9. Dezember 2024 in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Hersteller müssen die Vorgaben ebenfalls innerhalb dieses Zeitrahmens einhalten, um ihre Produkte an die neuen Sicherheits- und Haftungsanforderungen anzupassen.

Gründe für die neue Produkthaftungsrichtlinie

Die Produkthaftungsrichtlinie der EU wurde erstmals 1985 eingeführt, um grundlegende Regeln für die Haftung bei fehlerhaften Produkten zu schaffen. Im Fokus standen damals vor allem physische Waren wie Elektrogeräte oder Fahrzeuge. Die ursprüngliche Richtlinie legte den Grundstein für Verbraucherschutzstandards in der EU, blieb jedoch auf analoge Produkte und klassische Produktionsketten beschränkt.

Mit der rasanten technologischen Entwicklung stieß die alte Regelung an ihre Grenzen. Digitale Produkte wie Software, KI-basierte Anwendungen und vernetzte Geräte wurden immer wichtiger, fielen aber nicht in den Geltungsbereich der bisherigen Vorschriften. Hinzu kamen Herausforderungen durch globalisierte Lieferketten und den zunehmenden Onlinehandel, die die Verfolgung von Haftungsansprüchen erschwerten.

Die neue Richtlinie reagiert auf diese Veränderungen. Sie erweitert die Definition von Produkten, schließt digitale Elemente ein und berücksichtigt erstmals Cybersicherheitsrisiken. Diese Modernisierung zielt darauf ab, die Rechtssicherheit zu stärken und den Binnenmarkt an die Anforderungen der Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft anzupassen.

Zu sehen ist ein Computer-Arbeitsplatz. Es geht um die überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie. Bild: Pexels/Serpstat

Sogenannte digitale Elemente fallen nun erstmals unter die überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie. Gemeint sind damit Hardware und Software. Bild: Pexels/Serpstat

Welche Neuerungen bringt die Richtlinie?

Die überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie der EU modernisiert das Haftungsrecht und passt es an die Anforderungen des digitalen Zeitalters an. Die wichtigsten Neuerungen hier einmal im Überblick:

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs:
    Neben physischen Produkten wie Maschinen oder Elektrogeräten umfasst die Richtlinie jetzt auch Software, KI-Systeme und Cloud-Dienste. Damit wird klargestellt, dass auch Schäden durch digitale Produkte geltend gemacht werden können.
  • Haftung für Sicherheitsupdates:
    Hersteller bleiben haftbar, solange sie die Kontrolle über ihre Produkte haben. Fehlen notwendige Sicherheitsupdates, kann dies eine Haftung auslösen, selbst wenn das Produkt ursprünglich fehlerfrei war.
  • Beweiserleichterungen für Verbraucher:
    Gerichte können anordnen, dass Hersteller technische Unterlagen oder andere Beweismittel offenlegen. Dies hilft Verbrauchern, ihre Ansprüche in komplexen Fällen besser durchzusetzen.

Mit diesen Neuerungen stärkt die Richtlinie die Rechte der Verbraucher und schafft klare Verantwortlichkeiten für Hersteller und Anbieter digitaler Produkte. Auch Unternehmen profitieren von mehr Rechtssicherheit in einem zunehmend digitalen Marktumfeld. Es gibt aber noch weitere Vorteile für anwendende KMU.

So profitieren Unternehmen von der Richtlinie

Die neue Produkthaftungsrichtlinie bringt deutliche Vorteile für Unternehmen, die Hardware und Software nutzen – vor allem dadurch, dass sie für klare Rahmenbedingungen sorgt. Unternehmen, die auf zuverlässige IT-Lösungen angewiesen sind, können sich darauf verlassen, dass Hersteller und Anbieter stärker in die Verantwortung genommen werden. Dadurch können Unternehmen sicherer planen und sich besser gegen Ausfälle und Risiken absichern. Gleichzeitig reduziert sich die Gefahr rechtlicher Auseinandersetzungen mit Herstellern von Hardware und Software, wenn bestimmte Bedingungen von vornherein fest definiert sind.

Und noch ein weiterer Vorteil: Wenn Hersteller durch klare Vorgaben zu Cybersicherheit dazu angehalten sind, kontinuierlich die Sicherheit ihrer Produkte zu verbessern und Softwareaktualisierungen bereitzustellen, müssen sie sich zwangsläufig auch mit neuen Entwicklungen im Bereich Cybercrime sowie technologischen Innovationen auseinandersetzen. Dies könnte zu einer höheren Qualität digitaler Produkte und einem robusteren digitalen Ökosystem führen, wovon wiederum auch alle anwendenden Unternehmen profitieren würden.

Die neuen Regeln könnten demzufolge einerseits dazu führen, dass sich Unternehmen weniger mit rechtlichen Fragen auseinandersetzen müssen, andererseits dazu, dass sie sich verstärkt auf die Sicherheit ihrer IT-Infrastruktur verlassen können. Das Ergebnis: Sie können sich auf ihre eigenen Kernkompetenzen und Kernaufgaben konzentrieren.

Zu sehen sind zwei Frauen bei der Zusammenarbeit, unter anderem mit Laptops. Es geht um die Produkthaftungsrichtlinie. Bild: Pexels/Artem Podrez

Ein Vorteil, der sich durch die Produkthaftungsrichtlinie ergeben könnte: Unternehmen könnten sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Bild: Pexels/Artem Podrez

Produkthaftungsrichtlinie: Tipps für KMU

Die neue Produkthaftungsrichtlinie betrifft vor allem Hersteller und Anbieter, hat jedoch auch indirekte Auswirkungen auf Unternehmen, die Hardware und Software nutzen. Um rechtlich und organisatorisch auf der sicheren Seite zu stehen, sollten anwendende Unternehmen ihre Prozesse und Vereinbarungen anpassen. Die folgenden Tipps helfen dabei:

  • Prüfen Sie Ihr Lieferanten- und Vertragsmanagement!
    Unternehmen sollten die Vereinbarungen mit Herstellern und Anbietern genau prüfen und sicherstellen, dass Haftungsfragen klar geregelt sind. Dabei ist es wichtig, dass Verpflichtungen zu Sicherheitsupdates und Support schriftlich festgehalten werden, um im Schadensfall abgesichert zu sein.
  • Führen Sie regelmäßig Softwarewartung durch!
    Anwenderunternehmen sollten sicherstellen, dass alle eingesetzten Systeme stets auf dem neuesten Stand sind. Das Einspielen von Updates und Patches ist entscheidend, um Sicherheitslücken zu schließen und Betriebsstörungen zu vermeiden. Dies ist vor allem auch aus rechtlicher Sicht wichtig. Denn: Wenn Hersteller, wie vereinbart, Softwareupdates bereitstellen, Sie diese aber nicht durchführen, liegt die Verantwortung für möglicherweise auftretende Probleme einzig und allein bei Ihnen.
  • Sorgen Sie für klare Prozesse und interne Schulungen!
    Mitarbeiter sollten regelmäßig über Sicherheitsanforderungen und die korrekte Nutzung der eingesetzten Software geschult werden. Klare interne Prozesse und Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass Sicherheitsrichtlinien effektiv umgesetzt werden.
  • Setzen Sie auf ein effektives Risikomanagement!
    Ein systematisches Risikomanagement hilft, potenzielle Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Unternehmen sollten zudem darauf achten, dass ihre IT-Strategie auf langfristige Betriebssicherheit und rechtliche Konformität ausgelegt ist.

Indem Unternehmen diese Maßnahmen ergreifen, können sie nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch die Effizienz ihrer IT-Systeme steigern. Dementsprechend sind Sie gut damit beraten, diese Tipps in Ihrem Unternehmen umzusetzen.

IT-Experten beraten zu Hardware & Software

Die Umsetzung der neuen Produkthaftungsrichtlinie bedeutet für so manchen Hersteller eine Herausforderung. Es gilt sicherstellen, dass Produkte über den gesamten Lebenszyklus hinweg den neuen Anforderungen an Sicherheit und Funktionalität entsprechen. Doch auch anwendende Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb von der Nutzung funktionierender Hardware und Software abhängt, können im Zuge der neuen Richtlinie von einigen Veränderungen betroffen sein. Beispielsweise gewinnen die Auswahl, Pflege und Integration moderner IT-Lösungen noch stärker an Bedeutung.

Die Experten aus dem IT-SERVICE.NETWORK unterstützen Unternehmen dabei, ihre IT-Landschaft zukunftssicher aufzustellen. Sie prüfen bestehende Verträge mit Herstellern, beraten zu notwendigen Sicherheitsstandards und helfen bei der Auswahl sowie Beschaffung von Hardware und Software, die den gestiegenen Anforderungen gerecht wird. So lassen sich nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch die Sicherheit und Effizienz der IT-Infrastruktur optimieren.

Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen IT-Dienstleistern können Unternehmen sicherstellen, dass sie stets auf aktuelle Lösungen zurückgreifen. Dies ermöglicht es ihnen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, während ihre IT-Systeme rechtlich abgesichert bleiben. Hört sich gut an? Dann lassen Sie sich beraten!


Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission, Europäisches Parlament, heise, heise, heise, golem, SECURITY INSIDER, Handelsblatt
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir im Text die männliche Form. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten.

Geschrieben von

Seit Anfang 2019 ist Janina Kröger für den Blog des IT-SERVICE.NETWORK verantwortlich – anfangs in der Position der Online-Redakteurin und inzwischen als Content Marketing Managerin. Die studierte Germanistin/Anglistin und ausgebildete Redakteurin behält das Geschehen auf dem IT-Markt im Blick, verfolgt gespannt neue Trends und Technologien und beobachtet aktuelle Bedrohungen im Bereich des Cybercrime. Die relevantesten… Weiterlesen

Fragen zum Artikel? Frag den Autor
0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


* = Pflichtfelder
Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Aktuelle Themen zum Thema IT-Infrastruktur

IT-Infrastruktur

Neue Produkthaftungsrichtlinie in Kraft

Wie Unternehmen von der überarbeiteten Richtlinie profitieren

von • 08.01.2025

Die neue Produkthaftungsrichtlinie modernisiert die Haftung für Hard- und Software und stärkt Verbraucherrechte in der digitalen Welt. Auch Unternehmen profitieren von der überarbeiteten Richtlinie...

Weiterlesen
IT-Infrastruktur

Hardware mieten

DaaS bietet Laptops, Monitore, Drucker und Co. im Abo-Modell

von • 06.11.2024

Sie wollen neue IT-Geräte anschaffen, schrecken aber vor den hohen initialen Kosten zurück? Dann haben wir vielleicht eine Lösung: Sie können nämlich auch Hardware mieten! Wir erklären, was e...

Weiterlesen
IT-Infrastruktur

Windows 11 24H2

Microsoft stellt jährliches Funktionsupdate bereit!

von • 09.10.2024

Das jährliche Funktionsupdate – auch als großes Herbst-Update bekannt – für Windows 11 ist da! Die Version Windows 11 24H2 bringt viele neue Features und Verbesserungen mit sich. Erfahren Sie ...

Weiterlesen