Die Nutzung von Google Fonts bereitet gerade unzähligen Webseiten-Betreibern schlaflose Nächte, denn eine gewaltige Abmahnwelle geht herum. Der Vorwurf: Ein Verstoß gegen die DSGVO.
Was dahinter steckt, ob die Nutzung von Google Fonts wirklich ein Datenschutz-Vergehen ist und was Sie gegen Abmahnungen und Schadenersatz-Forderungen unternehmen können, verraten wir jetzt.
Google-Fonts-Nutzung = DSGVO-Verstoß?
Sie heißen unter anderem Sönke K., Kilian L., Martin I., Susanne S. oder Marcus H. und verschicken aktuell im großen Stil E-Mails, in denen sie Webseiten-Betreiber zu Schadenersatz-Zahlungen auffordern. Warum? Weil durch die Nutzung der kostenlosen Schriftarten von Google Fonts ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt. Zum Hintergrund: Wer Google Fonts für seine Webseite verwendet und selbige online einbindet, erlaubt eine Kommunikation in Richtung Google Server. Diese sind theoretisch in der Lage, die IP-Adresse der Webseiten-Besucher zu lesen.
Das Landesgericht München entschied, dass dies einen Verstoß gegen die DSGVO (Aktenzeichen: 3 O 17493/20) darstellt, weil personenbezogene Daten an Google in die USA weitergegeben würden. Das gilt selbst dann, wenn es sich um eine dynamische IP-Adresse handelt. Also eine IP-Adresse, die alle 24 Stunden per Zufallsprinzip generiert wird und nicht fest ist.
Und hieraus möchten nun Privatpersonen wie windige Rechtsanwälte ordentlich Profit schlagen. Sie fordern Webseiten-Betreiber dazu auf, Schadensersatz zu leisten. Neben dem Ärger über den finanziellen Aspekt bleibt häufig die Frage, was nun in puncto Google Fonts zu tun ist.
Abmahnung und Schadenersatz wegen Google Fonts
Die Kanzleien und Privatpersonen, die derzeit ihre E-Mails und Briefe mit Abmahnungen verschicken, schreiben davon, dass sie doch „menschlich schwer enttäuscht“ darüber wären, dass man ihre Daten ohne ihre Zustimmung weitergegeben hätte. Auch von einem „Gefühlsschaden“ ist oftmals die Rede. Damit sich die „Opfer“ wieder besser fühlen, soll ihnen der Webseiten-Betreiber zwischen 100 und 190 Euro zahlen – je nach Absender. Falls sich also jemand gefragt hat, wie hoch der Preis für einen Gefühlsschaden ist …
Die Absender versichern, im Falle einer Zahlung auf weitere Ansprüche zu verzichten und betonen noch einmal, dass sie den DSGVO-Verstoß durch Google Fonts natürlich auch protokolliert und dokumentiert haben.
In Wirklichkeit geht es ihnen wohl nur um eines: Möglichst viel Geld mit möglichst wenig Aufwand in möglichst kurzer Zeit verdienen. Berichten zufolge verschicken sowohl Kanzleien als auch Privatpersonen hunderte dieser E-Mails. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Summe (wir erinnern uns, dass DSGVO Verstöße sehr, sehr viel mehr kosten können), ist davon auszugehen, dass ein Großteil der angeschriebenen Webseiten-Betreiber auch zahlt.
Das Geschäft mit Google Fonts und der DSGVO
Mittlerweile ist bekannt geworden, dass die Abmahnmasche schon in ganz großem Stil praktiziert wird. Und: Andere Anwälte wehren sich gegen ihre profitgierigen Kollegen. Besonders das Handeln des österreichischen „Datenschutzanwalts“ Marcus H. hat bislang für Aufsehen gesorgt. Gegen ihn wurde nun Anzeige wegen gewerbsmäßigen Betrugs gestellt – und auch die Rechtsanwaltskammer ermittelt.
Im Namen seiner angeblichen Mandantin Eva Z. verschickte Marcus H. anscheinend mehrere tausend Mahnschreiben. Laut Gegenseite gibt es mehrere Hinweise darauf, dass besagte Mandantin diese Vielzahl an Webseiten überhaupt nicht persönlich besucht hat. Stattdessen soll eine Software die Seiten identifiziert haben, die die Google-Schriftarten nutzen und online eingebunden haben. Bis zu 10.000 Abmahnungen mit jeweils einer 190 Euro Forderung soll H. verschickt haben. Dabei käme dann eine Summe von 1.900.000 Euro für den „Gefühlsschaden“ heraus.
Experten gehen davon aus, dass Abmahnanwälte wie Marcus H. ihre Forderungsschreiben mittlerweile voll automatisiert erstellen. In solchen Fällen gilt: Eine Software hat kein Recht auf Datenschutz. Jegliche Forderungen entbehren einer rechtlichen Grundlage.
Abmahnung wegen Google Fonts erhalten – was tun?
Wenn Sie ein Schreiben per Post oder eine E-Mail wegen der Nutzung von Google Fonts erhalten haben und nun zahlen sollen, machen Sie zunächst eines: Ruhig bleiben. Prüfen Sie anhand der Absendernamen via Google, ob selbige bereits als betrügerische Abmahner identifiziert wurden und in der Kritik stehen. Prüfen Sie zudem genau, ob die Google-Schriftarten überhaupt auf Ihrer Webseite zum Einsatz kommen. Und falls ja, auf welche Art.
Denn: Damit ein DSGVO-Verstoß vorliegt, müssen die Google-Schriftarten online eingebunden sein. Sind sie hingegen lokal eingebunden, findet keine Kommunikation Richtung Google Server statt. Jede Abmahnung wäre in diesem Fall unberechtigt.
Die gute Nachricht: Ein Wechsel von online auf lokal ist kein Hexenwerk. Mittlerweile gibt es für Webseiten-Systeme wie zum Beispiel WordPress auch entsprechende, kostenlose Plugins. Halten Sie einfach Rücksprache mit Ihrem Webdesigner und nehmen Sie schnellstmöglich die Umstellung vor. Übrigens: Selbige hat keinerlei Einfluss auf Ihr Google-Ranking in der Suchmaschine.
Vorsicht auch bei Zweitverwendung von Google Fonts
Zwei stark verbreitete Webseiten-Plugins sind Google Maps und Google reCAPTCHA (dient zur Vermeidung von Spam über Kontaktformulare). Hier ist ebenfalls Vorsicht geboten, denn diese Dienste nutzen die Google Schriftarten selbst bzw. laden sie nach. Abhilfe schaffen auch hier Plugins bzw. Alternativen wie OpenStreetView, die in keiner Verbindung zu den Google Servern stehen. Hier lautet unser Tipp ebenfalls, dass Sie sich mit den Personen abstimmen, die technisch für Ihre Webseite verantwortlich sind.
Ansonsten stehen Ihnen bei diversen Fragen zur DSGVO auch unsere Experten aus dem IT-SERVICE.NETWORK zur Verfügung. Denn die Webseite ist leider nur ein kleines Rädchen im gewaltigen Regelwerk der Datenschutzgrundverordnung.
Weiterführende Links:
Der Standard, Future Zone, eRecht24
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