Ein digitaler Zwilling könnte irgendwann einmal allgegenwärtig sein. Physische Gebäude könnten ein virtuelles Gegenstück haben, genauso Fabriken oder sogar ganze Städte. Dabei ist ein digitaler Zwilling weit mehr als ein 3D-Modell: Er ist mit dem physischen Gegenstück vernetzt.
Wir erklären, was ein digitaler Zwilling ist und welche Chancen er mit sich bringen könnte.
Die Welt wird immer vernetzter
Über Zukunftschancen durch spannende neue Technologien wird eigentlich ständig diskutiert. Und oft stehen diese Zukunftschancen mit der Digitalisierung in Zusammenhang. So wurden in den vergangenen Jahren unter anderem die zunehmende Nutzung von Cloud und Big Data als wichtigste IT-Trends in den vergangenen Jahren gehandelt, genauso wie die vernetzte Mobilität, das Internet der Dinge und die künstliche Intelligenz. Diese IT-Trends – so die gängige Erwartung – werden entscheidend prägen, wie wir in der (nahen) Zukunft arbeiten und leben.
Auch der digitale Zwilling ist eine bereits viel diskutierte neue Technologie und auch ihm werden enorme Zukunftschancen vorausgesagt. Aber was ist ein digitaler Zwilling? Wo wird ein digitaler Zwilling eingesetzt? Welche Vorteile bringt er möglicherweise mit? Diesen Fragen gehen wir nun auf den Grund.
Was ist ein digitaler Zwilling?
Der digitale Zwilling (Englisch: Digital Twin) ist ein virtuelles Abbild eines materiellen oder immateriellen Objekts. Auf den ersten Blick ähnelt der digitale Zwilling häufig einem 3D-Modell; er entwickelt dieses aber deutlich weiter. Denn: Über verschiedene Messinstrumente werden Daten über Zustand und Verhalten des Objekts und seiner Umgebung erstellt, auf den digitalen Zwilling übertragen und damit visualisiert. Auf diese Weise sollen sich Probleme einfacher untersuchen und lösen lassen, zudem sollen sich bessere Prognosen erstellen lassen.
Inzwischen findet das Konzept des digitalen Zwillings zur Virtualisierung der physischen Welt bereits in verschiedenen Bereichen Anwendung. Zugleich wird es aber auch stetig weiterentwickelt. Dem (zukünftigen) digitalen Zwilling wird dabei das Potenzial zugesprochen, in Kombination mit Cloud-Technologien, Apps und Algorithmen die Industrie zu revolutionieren – und genau deshalb ist er auch zentral für das Konzept von Industrie 4.0.
In einigen Branchen ist der digitale Zwilling schon angekommen, in anderen befindet er sich aktuell in der Entwicklung. Wir stellen einige Anwendungsfälle für digitale Zwillinge vor.
1. Anwendungsfall: Produktion
Umgesetzt ist der digitale Zwilling bereits bei einigen Produktionsanlagen. Hier werden ganze Maschinen, einzelne Komponenten und zugehörige Software in einem digitalen Zwilling visualisiert. Über Sensoren werden kontinuierlich Daten gesammelt und – häufig über die Cloud oder die Edge – auf den digitalen Zwilling übertragen. Auch Daten aus der Umgebung werden dabei einbezogen, beispielsweise zur Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit.
Das Ziel dabei ist es, dass sich Probleme auf diese Weise sehr früh erkennen oder sogar voraussagen lassen. Möglich ist beispielsweise, dass der Verschleiß einer Komponente dokumentiert und sie noch vor einem Ausfall ersetzt wird. Außerdem lassen sich Rückschlüsse auf Auslastung, Produktionsmengen und Produktionsergebnisse ziehen. Die Erkenntnisse lassen sich auch für die Logistikplanung nutzen.
2. Anwendungsfall: Verkehr
Ein anderes Beispiel stammt aus dem Verkehrswesen. Erste Städte legen auf dem Weg zur vernetzten Smart City ein besonderes Augenmerk auf das Verkehrsnetz – und auch dieses lässt sich als digitaler Zwilling abbilden, genauso wie die Smart City selbst. In Ingolstadt läuft derzeit ein Forschungsprojekt, bei dem ein digitaler Zwilling als Testfeld für automatisierte und vernetzte Mobilität im urbanen und ländlichen Raum realisiert werden soll.
Das Ziel dieses Projekts mit vielen verschiedenen Beteiligten ist es, dass der digitale Zwilling das gesamte Stadtgebiet darstellen und Verkehrsflüsse aufzeigen kann. Daraus sollen sich dann unter anderem Erkenntnisse zu Lärm- und Abgas-Emissionen, zu benötigten Ladekapazitäten von Elektro-Autos oder zur Verkehrssicherheit an kritischen Stellen gewinnen lassen. Es gilt, Daten zu sammeln, zu analysieren und auf ihrer Basis Simulationen anzustellen, um die zukünftige Mobilität intelligent zu planen, zu entwickeln und zu steuern.
3. Anwendungsfall: Gesundheitswesen
Auch im Gesundheitswesen kann ein digitaler Zwilling Anwendung finden – zum Beispiel in einem Krankenhaus. Das Krankenhaus, Administratoren, Ärzte, Krankenschwestern, Betten und Co. werden dafür in einem digitalen Zwilling „geklont“. Und auch die Patienten erhalten einen digitalen Zwilling, der sogar schon vor ihnen selbst im Krankenhaus eincheckt, damit das medizinische Personal direkt über alle benötigten Informationen verfügt und sich auf die Behandlung vorbereiten kann. Grundlage dafür ist die elektronische Patientenakte.
Das Ziel dabei ist es, einen genauen Einblick in die Arbeitsabläufe und komplexen Prozesse innerhalb des Krankenhauses zu gewinnen und daraus Optimierungspotenzial abzuleiten. Die Effizienz der Arbeit im Krankenhaus lässt sich dadurch verbessern, wodurch sich auch die Erfahrung des Patienten selbst verbessert. Die Forschung hofft darauf, dass der digitale Zwilling der Patienten selbst dabei helfen kann, genauere Diagnosen zu stellen und individuellere Therapien bieten zu können.
4. Anwendungsfall: Arbeitswelt
Bislang nur eine Vision ist die von Kollegen als digitalen Zwillingen. Zukünftig könnte ein Avatar als Mensch-Maschine-Abbild im realen oder virtuellen Büro arbeiten und dort Arbeitskollegen zum Gespräch oder auf einen digitalen Kaffee treffen. Denkbar wäre sogar, dass ausschließlich der digitale Zwilling ins Büro geht, während das reale Gegenstück aus dem Home Office beziehungsweise Remote arbeitet – eine Idee, die in Richtung Metaversum geht.
Die These des Beratungsunternehmen BearingPoint geht sogar noch weiter: Schon heute seien digitale Zwillinge ganzer Volkswirtschaften keine Phantasie mehr – und das solle man als einen Vorteil sehen, der in allen denkbaren Dimensionen auszuschöpfen sei.
Welche Chancen bringt ein digitaler Zwilling?
Diese Anwendungsfälle klingen auf jeden Fall schon einmal interessant. Dazu, welche Chancen der digitale Zwilling mit sich bringt, geben wir nun einen Überblick:
- Daten in Echtzeit erfassen, daraus den „Normalzustand“ definieren und bei geringfügigen Abweichungen handeln, bevor es zu einer Störung oder einem Ausfall kommt – der digitale Zwilling soll für mehr Zuverlässigkeit sorgen.
- Die gewonnenen Daten sollen auch Aufschluss über den Verschleiß von Objekten geben. Ist dieser weit fortgeschritten, lassen sich Ersatz und Austausch rechtzeitig organisieren. Stichwort: vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance). Durch eine Verknüpfung mit dem Hersteller könnte die Bestellung des Ersatzteils automatisiert erfolgen.
- Hersteller erhalten auch nach der Inbetriebnahme durch den Kunden Daten ihrer Erzeugnisse. Es entsteht ein immer größerer Datenpool, der für Simulationen, Prognosen und Produktverbesserungen genutzt werden kann.
- Prozesse lassen sich dadurch verbessern, dass der Stand der Dinge immer in Echtzeit ersichtlich ist. Beispielsweise für Logistik und Lieferketten können sich daraus erhebliche Vorteile ergeben.
- Ressourcen lassen sich genauer ausschöpfen und berechnen, sodass der digitale Zwilling auch in Sachen Nachhaltigkeit Chancen mit sich bringt.
- Auch die Kombination mit künstlicher Intelligenz und Machine Learning hilft dabei, Ausfälle und Störungen zu verhindern und genauere Prognosen zu erstellen.
- Prozesse und Produkte lassen sich bereits in ihrer Entwicklungsphase in verschiedenen Varianten in virtuellen Umgebungen testen. Das kann auch zu einer Zeitersparnis führen, wenn nicht erst reale Prototypen erstellt werden müssen. Zudem erfolgt die Inbetriebnahme durch die vorherigen Simulationen oft reibungslos.
Die Chancen sind also zahlreich. Aber: Es gibt wie immer auch ein gewisses Risiko bei der Sache.
Das größte Risiko: die IT-Sicherheit
Grundlage dafür, dass ein digitaler Zwilling überhaupt möglich ist, sind eine umfassende Vernetzung (über einheitliche oder zumindest kompatible Schnittstellen) und die Erfassung und Verarbeitung von Daten, die über Sensoren zu sammeln sind. Dass die IT-Sicherheit hier von entscheidender Bedeutung ist, versteht sich wohl von selbst.
Erste Ansätze für eine sichere Industrie 4.0 arbeiten hier mit voneinander isolierten Zonen und sicheren Gateways. Außerdem kommen Software-Lösungen zum Einsatz, die durch Verschlüsselung und Authentifizierung gesichert sind und mit der Autorisierung von Benutzergruppen nach dem Least-Privilege-Prinzip arbeiten.
Damit der digitale Zwilling eine reelle Zukunftschance hat und in Folge dessen seinerseits Zukunftschancen bieten kann, ist es unabdingbar, dass die IT-Sicherheit von vornherein mitgedacht und mitentwickelt wird. Denn: Bei einer so umfassenden Vernetzung und Datensammlung wäre der Schaden immens, wenn ein Cyberangriff gelingt. Gefahr bestünde dann nicht nur für das Zielobjekt selbst, sondern das gesamte dahinterliegende Netzwerk.
IT-Fachleute setzen IT-Sicherheit um
Unabhängig davon, ob Ihr Unternehmen oder Ihre Einrichtung bereits mit einem digitalen Zwilling arbeitet oder nicht: Ein besonderer Fokus auf die IT-Sicherheit ist grundsätzlich ein Muss. Denn auch jetzt schon können Cyber-Attacken für IT-Ausfälle sorgen, die hohe Kosten verursachen: Laut Branchenverband Bitkom entstehen der deutschen Wirtschaft durch kriminelle Attacken aktuell mehr als 220 Milliarden Euro Schaden pro Jahr! Es gilt daher, das eigene Netzwerk so sicher wie nur möglich aufzustellen.
Und genau dabei können Ihnen die IT-Fachleute aus dem IT-SERVICE.NETWORK helfen! Die IT-Systemhäuser in unserem Netzwerk haben sich nämlich – unter anderem – auf die IT-Sicherheit spezialisiert und unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen, Arztpraxen und Anwaltskanzleien, Organisationen und Einrichtungen dabei, die benötigten Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit umzusetzen und sich dadurch vor Cyber-Bedrohungen bestmöglich zu schützen. Sie haben Fragen dazu? Dann melden Sie sich!
Weiterführende Links:
Fraunhofer, automotiveIT, BIG DATA INSIDER, mednic, pwc, FN
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